1914 bis 1945
Eine Zeit der Krisen
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war vom Ersten und Zweiten Weltkrieg geprägt. Der Erste Weltkrieg brachte einen allgemeinen Preisanstieg, Arbeitskräftemangel und eine große Veränderung im Verhältnis von Stadt und Land mit sich. Zudem brachen die Handelskontakte ins Ausland weg. Für die Arbeit in den Weinbergen wurden im Verlauf des Krieges Kriegsgefangene eingesetzt.
Nach dem Ersten Weltkrieg stolperte die gesamte Branche von Krise zu Krise: Reglementierungen von Weinimporten und -exporten im Rahmen des Versailler Vertrags, die galoppierende Inflation der Weimarer Republik, mehrere Missernten, die Weltwirtschaftskrise und zu allem Übel zusätzliche Steuern.
Anfang der 1930er Jahre kooperierten Bauernvereinigungen immer öfter mit der NSDAP oder schlossen sich ihr an. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der Weinbau der sogenannten „Blut und Boden“-Ideologie unterworfen. Dem 1933 gegründeten Reichsnährstand wurden alle Weinbauverbände, Genossenschaften und ähnlichen Organisationen einverleibt. Alle Weinberge wurden nun unter staatlich verordneten Regeln zwangsbewirtschaftet.
Die nationalsozialistische Regierung förderte den Weinbau durch gezielte Werbekampagnen, Reiseangebote und Aktionen wie das „Fest der deutschen Traube und des Weines“ oder durch Patenschaftsprogramme zwischen Winzerdörfern und entfernten Städten. Das Kulturgut Wein wurde damit wieder ein Massenkonsumartikel.
Gleichzeitig gingen die Nationalsozialisten gezielt gegen jüdische Weinhändler:innen vor. Diese wurden zunächst diskriminiert und ausgegrenzt, später enteignet und letztlich ermordet, falls Sie nicht rechtzeitig fliehen konnten. Der hohe Bedarf der Wehrmacht an Wein führte zu Pflichtabgaben der Winzer:innen; ab August 1943 betrugen diese 100 Prozent der Ernte. Seit 1939 wurde darüber hinaus Wein aus besetzten Gebieten zur Deckung des deutschen Bedarfs eingezogen. Es mangelte an Arbeitsmaterial, Maschinen, Pferden und ganz besonders an Arbeitskräften. Vor diesem Hintergrund wurden Zwangsarbeiter:innen oft in den Weinbergen eingesetzt.