Haus der Deutschen Weinstraße
Das „Haus der Deutschen Weinstraße“ in Bockenheim
Bereits bei der Eröffnung der Deutschen Weinstraße durch die Nationalsozialisten 1935 hatte die pfälzische Gauleitung geplant, am Beginn und Ende der Weinstraße jeweils ein Weintor zu errichten. 1936 wurde jedoch nur das Deutsche Weintor in Schweigen-Rechtenbach am Beginn der Deutschen Weinstraße umgesetzt. [Anm. 1] Mehr als ein halbes Jahrhundert später entstand 1995 im 85 Kilometer entfernten Bockenheim schließlich dessen Gegenstück: Mit dem Haus der Deutschen Weinstraße errichtete man das Eingangsportal zur Pfalz, das zugleich den Endpunkt der Deutschen Weinstraße markiert. [Anm. 2]
Deutsche Weinstraße
Die etwa 85km lange Deutsche Weinstraße zählt zu den ältesten touristischen Straße in Deutschland. Die Route verläuft entlang des Haardtgebirges durch das gesamte Weinanbaugebiet Pfalz von der französischen Grenze im Süden bis nach Rheinhessen im Norden. Zahlreiche traditionsreiche Weingüter von internationaler Geltung sind hier beheimatet. Sämtliche Ortsdurchfahrten entlang der Strecke wurden in "Weinstraße" umbenannt und mehrere Orte tragen den Namenszusatz "an der Weinstraße".
Umgang mit dem Erbe der NS-Weinbaupolitik
Die Vollendung dieser 60 Jahre alten Idee zeigt auf, wie unkenntlich deren historische Urheberschaft geworden ist. [Anm. 3] Wie in kaum einem anderen deutschen Weinbaugebiet hat in der Pfalz die nationalsozialistische Weinbaupolitik der 1930er Jahre ein immer noch sichtbares Erbe hinterlassen: [Anm. 4] Neben dem Deutschen Weintor bilden Institutionen wie die Deutsche Weinkönigin, die Deutsche Weinstraße oder das Deutsche Weinlesefest bis heute äußerst werbewirksame Konzepte der Weinvermarktung und des Weintourismus über Rheinland-Pfalz hinaus. [Anm. 5] Dabei hat sich mitunter das Narrativ gehalten, dass diese vermeintlich unpolitischen, „positiven“ Errungenschaften der 1930er Jahre losgelöst von den Verbrechen des Nationalsozialismus betrachtet werden könnten. [Anm. 6] Die weinkulturellen Institutionen der damaligen Zeit stellten jedoch wichtige NS-Propagandainstrumente zur Durchsetzung der gewaltsamen Politik der Verdrängung und Ermordung jüdischer Weinhändler:innen dar. Die Maßnahmen trugen gezielt zur Veralltäglichung der Ideologie der NS-„Volksgemeinschaft“ als „Weingemeinschaft“ bei. [Anm. 7] Eine reflektierte Wertschätzung der touristischen und kulturellen Bedeutung der Deutschen Weinstraße kann daher nur unter glaubwürdiger Einbeziehung des historischen Kontexts gelingen.
Weitere Informationen
Urheberschaft
Autor: Felix Maskow
Redaktion: Simeon Guthier
Stand: 22.12.2021