Preußische Weinbaudomäne
Die Geschichte des Klosters Marienthal
Ab den 1860er Jahren war die Existenz des europäischen Weinbaus ernsthaft bedroht. Nordamerikanische Rebläuse und Schädlingspilze waren eingeschleppt worden und reduzierten die Erträge drastisch. Den deutschen Winzern war ein wettbewerbsfähiges Wirtschaften nicht länger möglich. Ihre eigenen Mittel reichten zu einer Erprobung geeigneter Gegenmaßnahmen nicht aus und baten deshalb um staatliche Unterstützung. Zu diesem Zweck gründete der Freistaat Preußen seine Staats-Weinbau-Domänen: Staatliche Güter, die lokalen Winzern als Beispielwirtschaft dienten. [Anm. 1]
Hierfür wurden unter anderem die Ländereien und Gebäude des Klosters Marienthal im Hubachtal an der Ahr erworben. 1136 für Nonnen des Augustinerordens erbaut, mehrte sich der klösterliche Landbesitz in den folgenden Jahrhunderten stetig dank zahlreicher Stiftungen.
Im Laufe der Geschichte mussten die Nonnen das Kloster mehrmals verlassen: Erstmals, als es während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) zu Plünderungen und Zerstörungen kam und erneut 1794, als französische Revolutionstruppen die linksrheinischen, heute rheinland-pfälzischen Gebiete annektierten. Unter französischer Herrschaft wurde das Kloster schließlich 1803 säkularisiert und der ehemalige Klosterbesitz versteigert.
Die Käufer konnten die erworbenen Ländereien frei bewirtschaften, waren jedoch steuerpflichtig. Was nicht verkauft wurde, stand fortan unter öffentlicher Verwaltung. Neben der Mühle, den Gärten und den Wiesen wurden in den folgenden Jahren unter anderem die 3 klösterlichen Weinberge versteigert. [Anm. 2]
Über Umwege gelangte der ehemalige Klosterbesitz von Marienthal während der 1920er Jahre schließlich an den Freistaat Preußen. Durch Sprengungen und Meliorationsarbeiten wurde die nutzbare Rebfläche mehr als verdreifacht. Als Vorbild für Marienthal dienten andere staatliche Musterbetriebe, wie die der Domänen in Avelsbach an der Mosel bei Trier und in Niederhausen-Thalböckelheim an der Nahe, unweit von Bad Kreuznach. Ab 1925 wurde die Weinbaudomäne Marienthal zu einem modernen Weinberg mit entsprechender Kellerei umgestaltet. Sie vermittelte den Winzern an der Ahr fortan neue Kultivierungsmaßnahmen und versorgte sie mit Wurzelreben aus staatlichen Rebschulen. Zuvor war es in den preußischen Domänen mithilfe gezielter Züchtungen gelungen, schädlingsresistente Weinreben zu entwickeln. [Anm. 3] Eine für den deutschen Weinbau bedeutende Leistung!
Neben der Ertragssicherung war vor allem die Qualitätssteigerung der Rebsorten ein Anliegen der staatlich preußischen Weindomänen. Ihr gesteigerter Qualitätsanspruch trug sehr zur Rufverbesserung des deutschen Weines bei. [Anm. 4] Auch wenn die staatliche Konkurrenz im Weinverkauf regelmäßig in der Kritik stand, führte sie jedoch langfristig zu einer bedeutenden Weiterentwicklung und Professionalisierung der Branche.
Urheberschaft
Autor: Maximilian Bieler
Redaktion: Simeon Guthier
Stand: 22.12.2021