Die Hessische Weinbaudomäne
Erfolgsgeschichte für Rheinhessen
1816 wurde das Gebiet zwischen den Weinhandelszentren Bingen und Alzey sowie Worms und Mainz als Provinz in das Großherzogtum Hessen eingegliedert. Mittlerweile gehört Rheinhessen zum Bundesland Rheinland-Pfalz, aber der Name hat bis heute Bestand. Die Menschen der damals überwiegend agrarisch geprägten Gegend profitierten davon, zum Großherzogtum Hessen zu gehören. Hessen war ein wirtschaftlich starker Staat, der vielfach und über einen langen Zeitraum in die neue Provinz investierte. Bis 1929 wurde das Weinbergareal auf 13.300 ha ausgeweitet. Dies entspricht der Hälfte des heutigen Areals. [Anm. 1]
Im 19. Jahrhundert waren die meisten Winzer:innen kaum ausgebildet. Dies wirkte sich auf die Anbaumethoden, auf zahlreiche Arbeitsschritte und auf die fertigen Weine aus. Diese waren oft sauer und alkoholarm, weshalb man sie seit dem 19. Jahrhundert durch Zugabe einer Zuckerlösung verbesserte. Darüber hinaus war der Lohn für die Arbeit schlecht und die Winzer:innen oft verschuldet.
Zur damaligen Zeit waren Mischbetriebe mit Weinbergen in Kombination mit Äckern, Wiesen und Tierzucht noch überall die häufigste Betriebsform. Die Hälfte der Weinbauern:innen in Rheinhessen besaß nur 0,2 bis 1 ha Weinanbaufläche. Ausfälle im Weinbau durch Früh- und Spätfrost, Schädlingsbefall und geringe Nachfrage veranlassten sie hierzu. Um die Qualität des Weines und damit die wirtschaftliche Situation der eigenen Bevölkerung zu verbessern, wurden die Weinbauschule Oppenheim (1895) und die zugehörige Hessische Weinbaudomäne Mainz (ab 1900) ins Leben gerufen. Sie lagen im Zentrum des rheinhessischen Weinbaus und der Bergstraße. Die Gebiete wurden durch Zukäufe ergänzt und zusammengelegt, es wurden Planierungen vorgenommen, Stützmauern errichtet, Entwässerungsanlagen gebaut und Schienen verlegt. Als Orientierung dienten die preußischen Weinbaudomänen im Rheingau und an der Mosel sowie die Weinbauschule in Geisenheim (1872). [Anm. 2] Die rheinhessische Weinbaudomäne verfügte über 6 separate Weingüter, die jeweils eine Anbaufläche zwischen 10–17,35 ha inklusive geeigneter Gärhäuser, Pferdeställe, Keller und Wohnungen für das Personal besaßen. [Anm. 3] In Heppenheim wurde zudem eine Rebenvermehrungsstation eingerichtet. Hier konnten sich die Winzer:innen qualifizieren und mit dem damals neuartigen Naturweingedanken vertraut machen. Ein zukünftiges Beimischen von Zuckerlösungen und anderen Stoffen sollte überflüssig werden. Die Qualität von Lehre und Ausstattung war wegweisend. Die Forschung der Domänen führte zu bedeutenden Leistungen und sicherte das Überleben des deutschen Weinbaus. [Anm. 4]
Die Domäneweine zählten bald zu den deutschen Spitzenweinen und fanden auf den Weltausstellungen in Chicago und Paris Anerkennung. [Anm. 5] – Die Rechnung des Großherzogs war aufgegangen.
Weitere Informationen
Urheberschaft
Autor: Maximilian Bieler
Redaktion: Simeon Guthier
Stand: 22.12.2021