Zeller Schwarze Katz
Entstehung von Weinlagenamen
Kröver Nacktarsch, Trarbacher Liebeskummer und Zeller Schwarze Katz – diese Bezeichnungen von Weinlagen im Weinbaugebiet Mosel reihen sich in eine Vielzahl deutscher Lagenamen ein, die mit ihren klangvollen oder kuriosen Namen Aufmerksamkeit erzielen. Weinlagenamen gehen zum großen Teil auf historische Flurnamen zurück. Früher waren sie fast ausschließlich den örtlichen Winzer:innen selbst bekannt, die sie zur Abgrenzung der Weinbergsparzellen und Kenntlichmachung der Besitzverhältnisse verwendeten. [Anm. 1] Erst als sich im Laufe des 19. Jahrhunderts der Verkauf von Wein in Glasflaschen durchsetzte und nachdem technische Innovationen das Papieretikett popularisierten, gewannen Weinlagenamen auch für Konsument:innen an Bedeutung. Mit Beginn des sogenannten Qualitätsweinbaus wurden diese auf die Etiketten gedruckt, um mittels Herkunftshinweis über die Qualität des Weins zu informieren. [Anm. 2] Bis zu Verschärfungen der Weingesetzgebung im Verlauf des 20. Jahrhunderts existierte bei Art und Inhalt solcher Angaben große Freiheit.
Im 19. Jahrhundert etablierte sich die Bezeichnung „Zeller Schwarze Katz“ für die Weine aus den Lagen Kapertchen und Petersborn durch das Wirken des Weingutsbesitzers Benedikt Mayntzer, der den Namen seit den 1880er Jahren im großen Stil auf die Flasche brachte. Die sprachgeschichtliche Herkunft des Namens, welcher bereits viele Jahre zuvor für die Weinlage verwendet wurde, ist ungeklärt. Es kursieren jedoch verschiedene Mythen darüber: etwa von einer Katze, die den besten Wein des Weingutes Mayntzer vor einer Gruppe trinkfreudiger Weinhändler verteidigte und sie zu dessen Kauf animierte. Eine andere Erzählung bezieht sich auf eine Felsformation oberhalb von Kapertchen und Petersborn in Form einer springenden Katze. [Anm. 3]
Tatsächlich beruhen einige Namen von Bergen und Felsgruppen auf der Ähnlichkeit mit tierischen Formen. Ebenso verhält es sich bei Flurnamen, die sich oftmals auf die geologische Beschaffenheit der Landstücke beziehen. Andere Namenmotive können zum Beispiel Besitzverhältnisse oder Nutzungsweisen des Landabschnittes sein und damit Einblicke in historische Sozialstrukturen bieten. [Anm. 4]
Darüber hinaus gewähren Flur- und Weinlagenamen Einsichten in sprachgeschichtliche Entwicklungen. Im Gebiet Mosel etwa finden sich in den Lagenamen keltische, lateinische und fränkisch-germanische Einflüsse [Anm. 5] Durch die lateinische oder altdeutsche Verballhornung von Flurnamen keltischen Ursprungs entstanden schließlich einige Weinlagenamen, welche sich durch weitere volksetymologische Ausdeutungen mit der Zeit immer weiter von ihrem Ursprung entfernten. Dadurch erhielten sie teilweise eine ganz neue Sinngebung, wie zum Beispiel beim eingangs erwähnten „Kröver Nacktarsch“. [Anm. 6] Die ursprünglichen Wortstämme und Bedeutungen lassen sich aufgrund der vielfachen Anpassungen und Umdeutungen häufig nicht eindeutig erschließen.
Flur- und Weinlagenamen sind nicht in jedem Fall identisch. Flurnamen bezeichnen kleinere geographische Einheiten und werden im Liegenschaftskataster erfasst. Weinlagenamen hingegen beziehen sich auf eine bestimmte Rebfläche (oder die Zusammenfassung mehrerer Flächen) und sind in der Weinbergsrolle eingetragen. [Anm. 7] Die Bezeichnungen der Weinlagen sind häufig aus den bestehenden Flurnamen entstanden. In anderen Fällen etablierte sich ein bestimmter Name für eine spezielle Lage durch Erzählungen, vertriebliche Tätigkeiten im Rahmen des Weinhandels und die Verwendung im alltäglichen Sprachgebrauch der Bevölkerung. Viele Namen entwickelten einen hohen Wiedererkennungswert und etablierten sich nach und nach gegenüber den Verbraucher:innen als „Marke“. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde die Zeller Schwarze Katz 1929 zur sogenannten Volksmundlage erklärt. Die juristische Entscheidung hatte zur Folge, dass die Bezeichnung seitdem nicht mehr als reiner Phantasiename verstanden wurde, sondern eine genau umgrenzte Lage kennzeichnet. [Anm. 8] Das bedeutet wiederum, dass ausschließlich Weine aus diesem bestimmten Gebiet unter dem Namen verkauft werden dürfen.
Weinlagenamen dienen als Herkunftsnachweis für Winzererzeugnisse. Auch wenn sich nicht unmittelbar von der Lage auf die Qualität des Weines schließen lässt, spielen die Namen im Marketing eine entscheidende Rolle. Besonders kuriose Namen mit hohem Wiedererkennungswert sind fast immer regionalgeschichtlich verwurzelt.
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Urheberschaft
Autorin: Magda Lustig
Redaktion: Magda Lustig und Simeon Guthier
Stand: 25.04.2023