Weinbau an der Lahn
Der Weinbau an der Lahn vom Mittelalter bis zu seinem Niedergang ab dem 19. Jahrhundert
Das untere Lahntal zwischen Lahnstein und Diez ist mit 4 Winzern auf etwa 8 Hektar Rebfläche als Weinbaugebiet heute nur noch von geringer Bedeutung. Weite Teile der Lahntalflanken sind mittlerweile Weinbergwüstungen – das Lahngebiet ist ein sogenanntes „Weinbaureliktgebiet“. [Anm. 1] Aktiv Weinbau betrieben wird trotz der günstigen klimatischen Bedingungen nur noch an den terrassierten Uferhängen der Lahntalgemeinden Weinähr und Obernhof. [Anm. 2] Im Mittelalter hingegen spielte der Weinbau an der Unterlahn eine wichtige Rolle auch für den überregionalen Weinbau und -handel. [Anm. 3] Bereits im 8. Jahrhundert soll in Diez an der Lahn Wein kultiviert worden sein – die Region zählt damit zu den ältesten rechtsrheinischen Weinbaugebieten. [Anm. 4] Erstmals schriftlich belegt ist der Lahnweinbau für das Jahr 1159. [Anm. 5] Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts wurde Wein in allen Gemeinden zwischen Lahnstein und Diez angebaut. Die Hochphase war gegen Ende des 16. Jahrhunderts. [Anm. 6] Zentraler Akteur im Lahnweinbau war das 1139 nahe Weinähr gegründete Prämonstratenser-Kloster Arnstein. [Anm. 7]
Das kriegerische 17. Jahrhundert, insbesondere der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648, brachte wirtschaftlichen Niedergang, Epidemien und Bevölkerungsverluste mit sich. Der schrittweise Rückgang des Lahnweinbaus begann. Hinzu kamen Missernten und verheerende Wetterereignisse durch die Klimaveränderung während der sogenannten „Kleinen Eiszeit“. In diesem Zusammenhang wurden viele Rebflächen in witterungsbeständigere Obst- und weniger risikobehaftete Getreideanbauflächen umgewandelt. [Anm. 8] Vor allem die Abwanderung von Winzer:innen in ertragreichere und aufwandsärmere Beschäftigungsbereiche im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte zu einem drastischen Rückgang der Rebfläche. [Anm. 9]
Zwischen 1870 und 1930 versuchten zugezogene Moselwinzer:innen durch Anlegen neuer Weinberge bei Weinähr und Obernhof den von 100 Hektar 1820 auf rund 46 Hektar Rebfläche im Jahr 1865 geschrumpften Lahnweinbau vor dem endgültigen Aus zu bewahren. [Anm. 10] Vor allem im Kampf gegen die ab Ende des 19. Jahrhunderts auftretende Reblaus sollte die Lahn bis in die 1960er Jahre eine neue, zentrale Rolle einnehmen: Neben staatlichen Rebschnittgärten und Musterweinbergen in Obernhof und Fachbach wurde 1910 die preußische Rebveredelungsanstalt in Oberlahnstein eingerichtet. Diese stieg mit der Entstehung ihrer Zweigstelle in Diez-Oranienstein 1925 zur größten deutschen Rebveredelungsanstalt auf. [Anm. 11] Von 1933 und 1936 (Deutsches Weintor) erfuhr der Lahnweinbau einen kurzfristigen Aufschwung im Rahmen der nationalsozialistischen Autarkiepolitik, indem etwa 25 Hektar Weinbergwüstungen als Rebfläche rekultiviert wurden. [Anm. 12]
Heute ein beliebtes Tourismusziel
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich der Abwärtstrend des Lahnweinbaus durch Missernten und die Abwanderung vieler ohnehin nur noch im Nebenerwerb arbeitenden Winzer:innen in andere Beschäftigungsfelder fort: Insgesamt hatte sich die Weinbaufläche im Lahngebiet zwischen 1865 und 1981 um 90 Prozent reduziert – 1965 etwa endete der Weinbau in Bad Ems, 1982 kam auch jener in der Stadt Nassau zum Erliegen. [Anm. 13] Bis Anfang der 1960er Jahre wurde zudem die Rebveredelung an der Lahn eingestellt. 1971 wurde das Weinbaugebiet Lahn in das Gebiet Mittelrhein eingegliedert. [Anm. 14] Dass der Lahnweinbau dennoch bis heute überlebt hat, ist neben einer Flurbereinigung zwischen den 1960er und 1980er Jahren insbesondere dem verstärkten Lahntourismus zu verdanken, der mit der Vermarktung der nun selten gewordenen Lahnweine einhergeht. [Anm. 15]
Urheberschaft
Autor: Felix Maskow
Redaktion: Simeon Guthier
Stand: 22.12.2021