Klöster und Stifte am Mittelrhein
Eine herausragende Bedeutung für den Weinbau
In der Wildnis, von Bären, Wölfen und Auerochsen umgeben, errichteten die Menschen ihre Klöster. Rückzug und Abgeschiedenheit fördern die Meditation. Im Mittelalter war mit dem Klosterbau zusätzlich ein äußerer Zweck verbunden: so wurde das dichtbewaldete Europa für die Landwirtschaft nutzbar und für den Mensch bewohnbar gemacht. Die Klöster stellten ein sich selbst versorgendes Wirtschaftssystem dar, das über den Eigenbedarf hinaus Güter produzierte. Zudem waren sie Zentren der Bildung, in die der Adel seine Kinder entsandte. Im Kloster fanden Menschen mit unterschiedlichen Begabungen wie Geschäftssinn, Handwerkskunst oder Philosophie zusammen. [Anm. 1]
Bis ins 12. Jahrhundert waren Äbte und Mönche die kulturellen Vorreiter Europas. Ihre Skriptorien und Gärten erhielten die Kultur der Antike und entwickelten Ideen für die Zukunft: Nach dem Niedergang des Römischen Reiches besaßen die Klöster die Sicherheit und Ressourcen, den Weinbau zu erhalten und weiterzuentwickeln. Schließlich ist Wein für das Abendmahl unverzichtbar.
Auch der königliche Kelch wollte gefüllt sein: Darum stifteten Kaiser und Könige ab dem 10. Jahrhundert vermehrt von ihren Gütern zwischen Koblenz und Bingen. [Anm. 2] Dazu gehörten zahlreiche Weingärten sowie Gebiete, auf denen sich Weinbau entwickeln ließ. Die Geistlichen wurden zu den führenden Weinproduzenten am Mittelrhein. [Anm. 3] Um den Mönchen den Weinbau zu erleichtern, waren die Ländereien zuvor gerodet und erste Terrassen angelegt worden. [Anm. 4]
Der Rhein wurde in den folgenden Jahrhunderten zu einer der wichtigsten Handelsstraßen des Reiches. Insbesondere schwere Fässer ließen sich nur mit dem Schiff über lange Distanz transportieren. Dabei blieb das Handelsgut der Geistlichen von Zöllen und Abgaben befreit. Zu den bedeutendsten Weinerzeugern und Händlern der Region gehörten die Stifte St. Kastor und St. Florin in Koblenz. Auch die heute verfallene Benediktinerabtei Marienberg vor Boppard bewirtschaftete dank einstiger Schenkungen etliche Ländereien. Die entfernt liegenden Zisterzienserklöster Altenberg bei Gießen (1133) und Eberbach im Rheingau (1136) verfügten ebenfalls über weitläufigen Besitz im Bacharacher und Koblenzer Raum.
Später wuchs der Wettbewerb am Rhein und die Verwaltung der Weingüter aus Ferne wurde schwieriger. Ab 1300 verpachteten die Mönche vermehrt ihre Weinberge. Die heutige Kulturlandschaft aus terrassierten Weinbergen an den Hängen links und rechts des Rheins geht ursprünglich auf die Tatkraft der mittelalterlichen Klöster und Stifte zurück.
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Urheberschaft
Autor: Maximilian Bieler
Redaktion: Simeon Guthier
Stand: 22.12.2021