Die Weinhandelsstadt Traben-Trarbach
Ein Zentrum des europäischen Weinhandels
Die Moselstadt Traben-Trarbach soll während ihrer Blütezeit nach Bordeaux der zweitgrößte Weinumschlagplatz Europas gewesen sein [Anm. 1] : 100 Weinhandlungen, Weingüter und Großkellereien verkauften allein im Jahr 1899 mehr als 18 Millionen Liter Wein und damit über die Hälfte der gesamten deutschen Weinernte. [Anm. 2]
Die Wurzeln dieser Blütezeit reichen zurück bis ins 17. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war der Weinhandel an der Mosel starken Beschränkungen unterworfen. Kaufleute konnten den Wein nur zu einem jährlich festgesetzten Preis bei der Obrigkeit erwerben. Darüber hinaus zwang das Verfahren der sogenannten „Gabelung“ die Kaufleute dazu, zu jedem [Fuder] hochwertigen Weines auch ein Fuder von minderer Qualität zu kaufen. Diese Regelungen begünstigten die Winzer:innen, die sicher sein konnten, auch schlechteren Wein verkaufen zu können; der Handel hingegen litt unter diesen Auflagen. [Anm. 3] Dazu kam, dass nicht örtliche Kaufleute den Handel betrieben, sondern vor allem solche aus den Niederlanden und vom Niederrhein. [Anm. 4] Die Handelsgewinne kamen so nicht den Moselorten selbst zugute. [Anm. 5]
Anders hingegen stellte sich die Situation in Traben-Trarbach dar. Während der größte Teil der Moselorte unter der Herrschaft des katholischen Erzstifts Trier stand, war Traben-Trarbach seit dem 16. Jahrhundert protestantisch. [Anm. 6] Die ebenfalls protestantischen Kaufleute aus den Niederlanden und England kamen deshalb nach dem 30-jährigen Krieg vor allem in die Doppelstadt, um Wein zu kaufen. [Anm. 7] Zwar waren auch hier die Handelsbeschränkungen üblich, allerdings nutzten die niederländischen Kaufleute örtliche Händler:innen als Vertretungen. [Anm. 8] Daher gründeten sich schon im 17. Jahrhundert erste Weinhandlungen im Ort [Anm. 9] , die bereits eigenständig Handel auf den Märkten in Köln, Arnheim oder Amsterdam trieben [Anm. 10] . Als in den Jahren 1747 und 1748 die Handelsbeschränkungen wegfielen, entwickelten sich aus den Handelsvertreter:innen eigenständige Kaufleute. [Anm. 11]
Der Handel war zunächst aber noch kein reiner Weinhandel. Da der Wein nur saisonal als Handelsprodukt verfügbar war, brachten die örtlichen Kaufleute Güter wie Dachschiefer, Kalk und Holz auf die Märkte im Norden und von dort Luxusprodukte wie Kaffee, Zucker und Gewürze nach Traben-Trarbach. Vor diesem Hintergrund nahm Traben-Trarbach auch für die umliegenden Hunsrück- und Eifelortschaften eine bedeutende Stellung als Marktplatz ein. [Anm. 12]
Im 19. Jahrhundert intensivierten die Traben-Trarbacher Kaufleute die Handelsbeziehungen sowohl nach England, wo Königin Viktoria deutschen Wein immer populärer werden ließ [Anm. 13] , als auch zur Frankfurter Messe und nach Berlin. [Anm. 14] Entscheidend für die Entwicklung Traben-Trarbachs zur Weinhandelsmetropole war aber vor allem der Eisenbahnbau. [Anm. 15] Erst damit spezialisierte sich der Handel auf den Wein, der nun nicht mehr nur als Saisonware gehandelt wurde. [Anm. 16] Um der gestiegenen Nachfrage nachkommen zu können, wurden in der Folge zahlreiche Weinkeller unter der Stadt angelegt, sodass eine ganze Unterwelt aus teilweise miteinander verbundenen, teils mehrstöckigen Kellern entstand. [Anm. 17]
Die Blütezeit des Weinhandels fand jedoch schon kurze Zeit später ein jähes Ende. Seit dem Jahr 1901 verbot ein neues Weingesetz die Aufwertung von Wein durch Zusätze, dazu kamen schlechte Ernten. Wegen der geringen Zölle fluteten in der Folgezeit Weine aus dem europäischen Ausland den Markt. Viele Kaufleute blieben auf ihrem Wein sitzen, die Preise sanken stetig. [Anm. 18] Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs endete die Blüte des Moselweinhandels endgültig. [Anm. 19]
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Urheberschaft
Autor: Christian Belzer
Redaktion: Simeon Guthier
Stand: 22.12.2021